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Burgen-Blick - Kulturverein Neudietendorf

Die Künstler-Gruppe mit den letzten Mitgliedern des Kulturvereins: von links nach rechts: Dieter Manns, Günter Serfling, Roswitha Schmidt, Eleonore Römer, Arndt D. Schumann. Nicht auf dem Foto sind: Helga Hackert, Johanna Manns, Ute Frieße, Ralf Boddenberg, Horst Franke und Prof. Lothar Göthel.

Alles hat seine Zeit – Gedanken über den Kulturverein Neudietendorf

Diesen weisen Spruch der Überschrift stellen in den letzten Jahren auch Vereine fest, die vor knapp 30 Jahren gegründet wurden. Damals waren 30- bis 50-Jährige als Mitglieder für einen Verein durchaus zu gewinnen. Ein Engagement für ein Ehrenamt ist für Menschen, die heute in der Mitte des Lebens, des Berufes und der Familie stehen, wesentlich schwieriger geworden. Bei der Abwägung des eigenen Einsatzes fällt in den meisten Fällen das Ehrenamt in einem Verein heraus. Das mussten wir als Mitglieder des Kulturvereins Neudietendorf e.V. besonders in den vergangenen zehn Jahren deutlich erleben. Nur damit kann man erklären, warum es in diesem Zeitraum nicht gelang, interessierte Kulturbürger zwischen 30 und 50 Jahren für eine Mitarbeit zu gewinnen. Dies führte zwangsläufig zur Überalterung, wie man sie in jeder Körperschaft kennt.

Das beste Beispiel erlebten wir damals in der DDR mit den alten Männern des SED-Politbüros, der eigentlichen Regierung. Mit der Deutschen Einheit im Jahre 1990 sollte das alles anders werden, auch in dem schnell erblühenden Vereinsleben. Diese neuen Freiheiten wurden gern in Anspruch genommen, und manche Vereine vollbrachten tolle Dinge. Als großes Gemeinschaftswerk gelang im Jahre 1997 in Neudietendorf die Gestaltung der 850-Jahrfeier, durch die zahlreichen Vereine, mit kräftiger Unterstützung des Bürgermeisters Volker Reum und des Gemeinderates. Der Festumzug mit rund 40 Gruppen, Wagen und Reitern war da der absolute Höhepunkt dieser Aktivitäten.

Der Kulturverein Neudietendorf, im Jahre 1992 gegründet, bot in den ersten Jahren eine bunte Mischung aus Veranstaltungen an. Dazu gehörten Gesprächsabende, Schriftstellerlesungen, Exkursionen, Würdigungen von Persönlichkeiten der Regionalgeschichte, Gestaltungen von Denkmaltagen und nicht zuletzt die Orchesterkonzerte mit der Thüringen Philharmonie Gotha. Aus der besonderen Ortsgeschichte Neudietendorfs, der Ansiedlung der Herrnhuter Brüdergemeine, erwuchsen eigene Themen des Geistes – und Kulturwelt, wie sie andere Thüringer Gemeinden nicht aufzuweisen haben. Dies betraf das Schulwesen (EDH), die Entwicklung des Kindergartens vor Fröbel (Schwesternhaus), die Entwicklung des Handwerks und der Dienstleistungen (Brüderhaus, Aromatique, u.a.), der Post Ehem. Postamt) und des Eisenbahnverkehrs ( Eisenbahn-Knotenpunkt) und nicht zuletzt des Gesundheitswesens (Ärzte-Ansiedlung, auch Dr. Sauerbruch). Zu all diesen Themen wurden Veranstaltungen durchgeführt, u.a. auch eine „verrückte“ Lesung in der Empfangshalle des Bahnhofes, mit echt ein- und ausfahrenden Zügen.

Mit dem Thema „Heimat“, das so gern in eine staubige, rechte Ecke gestellt wird, beschäftigten wir uns, bevor es die großen Medien taten. Zu einem Gesprächsabend kamen damals vier Generationen und vermittelten ihre Erfahrungen, aufgelockert durch die musikalische Begleitung des Ehepaares Schindler. Sehr gefreut haben wir uns über unsere Beteiligung beim MDR-Sommernachts-Ball im August 2012 in Neudietendorf und die dort erhaltene Anerkennung. In gleicher Weise fanden unsere Bemühungen für die Straße der Menschenrechte und Demokratie eine Würdigung durch den Thüringer Justizminister im Dezember 2013, in einer Festveranstaltung in der Universität Jena.
In den letzten zwölf Jahren haben sich die Bechstein-Konzerte als der absolute Schwerpunkt der Vereinstätigkeit entwickelt. Nach dem Erwerb eines historischen Flügels, Baujahr 1880 und dessen Restaurierung, konnten wir Anfang März 2008 zum ersten Konzert einladen, welche wir fortan nach einem Vorschlag des Autors Bechstein-Konzerte nannten. Daraus entstand eine neue kulturelle Tradition, welche bis zum 40. Bechstein-Konzert am 7. Dezember 2019 reichte. National und international bekannte Musiker und Sänger kamen zu diesen Konzerten nach Neudietendorf, in die Brüderkirche. Die Kirchgeminde war in diesen Jahren der Partner und Hausherr für unseren Kulturverein als Veranstalter. Die Programme brachten Kammermusik in bester Qualität, Opern– und Operettenmelodien, moderne Musicals, klassische Volkslieder, ein russisch–jüdisches Programm und immer wieder die beliebten Frühlings– und Weihnachtskonzerte.
Dies geschah alles zur Erinnerung an den Schuljungen Carl, zu dessen Ehren auch Bechstein–Nachmittage der Schulen gehörten, solange dafür Mitstreiter vorhanden waren. Dann konnten sich Schüler aller Altersgruppen der örtlichen Schulen öffentlich ausprobieren, ohne dem Leistungsstress einer Musikschule zu unterliegen. Diese Tradition ging mit dem diesjährigen Advents- und Weihnachtskonzert zu Ende. Unser Kulturverein wird sich zum 31. Dezember 2019 auflösen, aus den eingangs genannten Gründen, mit viel bürokratischem Aufwand.

Erfreulich ist, dass für die Nachfolge das Heimatmuseum Ingersleben (Bechstein-Flügel) sowie der Ingerslebener Heimatverein gewonnen werden konnten, als Partner für Dinge, die über den Auflösungstermin hinausreichen. Es gibt Ideen, die Bechstein–Konzerte fort zu führen; diese sind mit dem Heimatmuseum der Landgemeinde verbunden. Das langjährige Publikum der Bechstein-Konzerte wird darüber in geeigneter Weise informiert werden. Heute bleibt uns, den letzten Mitgliedern unseres Vereins (Durchschnittsalter: 77 Jahre), Dank zu sagen, bei allen, die uns in 27 Jahren unterstützt haben, besonders natürlich unseren Sponsoren. Gerade deshalb haben wir uns für diesen öffentlichen Weg entschieden. Wir wünschen allen unseren Freunden ein besinnliches, gesegnetes Weihnachtsfest und für das Neue Jahr 2020 gute Gesundheit und Freude in der Familie, im Beruf bzw. im Seniorenleben.

Quelle

Foto Kulturverein Neudietendorf e.V.
Text von Arndt D. Schumann, amt. Vorsitzender

Burgen-Blick

Erschienen in der Ausgabe: 21. Dezember 2019