Burgen-Blick - Serie alte Gebäude - Altes Pfarrgehöft Cobstädt

Fundamente der Zukunft: Altes Pfarrgehöft

Serie: Gebäude-Geschichten

Wer sich auf dem Kirchhof von Cobstädt mit seinen historischen Grabsteinen umschaut, dem fällt sicher bald die historische Doppeltür an dem großen Haus an der Südseite des Geländes auf, die gleich nach dem Verlassen des Friedhofsareals rechts ins Auge sticht. Wie in vielen Orten war dieses Gebäude in Kirchnähe das einstige Pfarrhaus von Cobstädt, welches ursprünglich Ende des 17. Jahrhunderts errichtet wurde.

Generationen bauten aus Freude oder bitterer Notwendigkeit daran herum. 1818 kam es zu einem Umbau, der das Gesamterscheinungsbild wohl bis heute prägt. Das gesamte Gehöft ist voll in die lebendige Gegenwart integriert. Wenn vom Cobstädter Kirchturm die Mittagsstunde schlägt, riecht es oft nach einem leckeren Gericht aus dem ehemaligen Pfarrhaus, und zu normalen Zeiten finden einige Menschen dann den Weg zur großen Doppeltür und ins Haus hinein. Im Untergeschoss befindet sich die Gemeinschaftsküche und die Hungrigen kommen geradewegs von ihrer Arbeit in Garten, vom Feld oder dem Stall. Es sind Mitglieder des Eine neue Erde e.V. und des LebensGut Cobstädt. Diese beleben den Pfarrhof und bewirtschaften einige Hektar Kirchenland in und um Cobstädt.

Anfang 2004 gründeten einige junge Erfurter das sozialökologische Gemeinschaftsprojekt LebensGut-Cobstädt in der Nähe der Drei Gleichen. Heute verwirklicht das kleine Netzwerk von Freunden, Projekten und Wohn- und Lebensgemeinschaften einen nachhaltigen Lebensstil und besitzt längst überregionale Strahlkraft. „Zurück zu den Wurzeln, zum Althergebrachten.“ So erläutert Thomas Penndorf die Lebensart hier im alten Pfarrhof und auf den anderen Höfen im Dorf. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern des LebensGut Cobstädt. Bekannt wurde der Verein unter anderem für die Erhaltung alter Gemüsesorten, aber vor allem für seine alten Obstsorten.

Obstbäume des LebensGutes Cobstädt stehen in vielen Regionen Thüringens und darüber hinaus. Sie wurden und werden am Jakobsweg gepflanzt und bilden damit einen großen Obstraritäten­pfad. Dabei handelt es sich in jedem Falle um alte Sorten, die dadurch als Ressourcen für nachfolgende Generationen bewahrt werden. „Diese lebende Genbank der Region der Vielfalt ist in ihrem Umfang alter Kulturpflanzen deutschlandweit sehr selten“, so Thomas Penndorf.

Gut funktionierende Dörfer ermöglichen dem Menschen und unserem Planeten eine gute Zukunft, lokale Wertschöpfung schont die Umwelt und macht unabhängig. Gern vermittelt das LebensGut Wissen um die Selbstversorgung, um Ökolandbau, Kräuter und Saatgut. „Die Kenntnisse sterben sonst aus“ betont Thomas Penndorf. Die Regionalwirtschaft ist in der Lage, umfangreiche Netzwerke zu entwickeln. Hier liegt ein Arbeitsschwerpunkt des LebensGutes. Dienstleistungen, Lebensmittelherstellung und Handwerk vernetzten Dorfgemeinschaft und Dörfer. Lokale Wertschöpfung erfährt bis jetzt noch viel zu wenig Aufmerksamkeit, Regionalgeld wäre eines der nächsten Ziele des Lebensgutes, der Projektstart verspricht bereits Erfolg.

Dabei hilft das LebensGut mit einem Schaugarten, Seminaren, alternativer Kinderbetreuung, Pionierarbeit im Bereich der Energieautarkie, ganz im Sinne der globalen Ökodorfbewegung. „Wir versuchen Lösungen auf die brennenden Fragen des Jahrhunderts ins Bewusstsein der Menschen zu bringen!“ Die wirkliche Kunst des Lebens im Einklang mit der Natur kann ein Weg dazu sein.

Quelle

Foto und Text von Dirk Koch

Burgen-Blick

Erschienen in der Ausgabe: 29. Mai 2021