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Burgen-Blick - Serie alte Gebäude - Wechmar, Landhaus Studnitz

Das Rokokokleinod auf dem Lande

„Bürgerschaftliches Engagement“ ist ein geflügeltes Wort. In Wechmar wird es vielfach in Stein manifestiert, ganz besonders im Landhaus Studnitz in der Hohenkirchenstraße 13. Dem Engagement des Wechmarer Heimatvereins e.V. ist es zu verdanken, dass dieses Rokokokleinod überhaupt noch existiert. Dabei sah es in den 1990er Jahren überhaupt nicht so aus, als wenn das damals „Rittersaal“ genannte Gebäude noch lange Bestand haben würde. Es war desolat und nur wenigen in seiner vergänglichen Pracht bekannt. Zu den seltenen Kundigen zählte Knut Kreuch, der Vorsitzende des Wechmarer Heimatvereins. Ihn umtrieb der Gedanke, wie denn das Gebäude zu retten wäre. 1998 erwarb der Heimatverein das Haus und ein Aufbauprojekt begann, was seinesgleichen sucht. Heute steht der Rokokosaal längst als einzigartiger ländlicher Festsaal in vielen Reiseführern. Sogar der abgerissene Ostflügel konnte wieder völlig neu erstellt werden.

Im Mittelpunkt der Führungen durch das Landhaus steht immer wieder sein Erbauer, der Gothaer Oberhofmarschall Hans Adam von Studnitz (1711 bis 1788). Er erwarb das Grundstück mit baulichem Altbestand 1747 aus dem Nachlass des Oberkonsistorialvizepräsidenten Cyprian. Vermutlich durch sein Erbe wurde es Studnitz möglich, das alte Wohnhaus zum repräsentativen Landhaus umzubauen, das damals noch über einen etwa 2000 qm großen Park verfügte. Dieser Teil des Grundstücks ist heute längst anderweitig genutzt. Für den Rokokosaal, das Glanzstück des Hauses, wurden angesehene Künstler der Zeit verpflichtet. Als Schöpfer der Stuckmarmorwände und der Stuckdecke gelten die Stukkateure Trützschler, Augustini und Güldner. Das Deckengemälde schuf der Gothaer Hofmaler Johann-Heinrich Ritter. Es sah die rauschenden studnitzschen Feste. Nach dem Tode des Hausherrn verebbte das fröhliche Treiben. Bereits 1891 registrierte man den Verfall.

Bei Führungen durch das Landhaus steht immer wieder das riesige Deckengemälde im Blickpunkt der Betrachtungen. Einige Teile sind nur als Vorzeichnungen zu sehen. Das hat seinen Grund darin, dass der Schöpfer des Kunstwerks während der Malarbeiten verstarb. Kein anderer führte den Pinselstrich des Meisters weiter und so blieben die Festsaalgemälde bis zum heutigen Tage unvollendet. Eigentlich eine interessante Geste.

Das Landhaus Studnitz dient heute als Vereinshaus des Heimatvereins. Ob Vorstandssitzungen, Chorproben, Jahreshauptversammlung, Proben der Tanzgruppen oder Theaterproben – hier findet reges Vereinsleben statt. Im Erdgeschoss gibt es einen attraktiven Ausstellungsraum, der für wechselnde Ausstellungen genutzt wird. Im Haus sind sogar Eheschließungen möglich, selbstverständlich auch Familienfeiern. 

Indes, das Wechmarer Landhaus hat mindestens eine Art „Zwilling“, wenn man das so sagen darf. In der Mitte des Örtchens Liebenstein bei Plaue im Ilmkreis findet sich das sogenannte Röderschlösschen, das um 1750 erbaut wurde. Besonders die Außenfassade sieht dem Wechmarer Landhaus sehr ähnlich, lediglich die Haupttoreinfahrt befindet sich nicht unter dem Festsaal, sondern unter dem linken Seitenflügel. Von der zeitlichen Entstehung und den architektonischen Ähnlichkeiten her könnte es durchaus sein, dass ein- und derselbe Baumeister Hand angelegt hat.

Es bleibt also interessant um die Baugeschichte und da wäre noch einiges zu erforschen. Und die Baugeschichte des Landhauses Studnitz geht weiter. An die zwei Jahrzehnte nach der Restaurierung werden Reparaturen fällig, so wurden im Levin-Claus-Saal der Fußboden restauriert und eine Akustikdecke eingezogen. Weitere Restaurierungsarbeiten im märchenhaften Rokokosaal sind in Sichtweite und werden wieder eine Menge Einsatz erfordern.

Quelle

Foto + Text von Dirk Koch

Burgen-Blick

Erschienen in der Ausgabe: 18. Juli 2020