Lesedauer ca. 6 Minuten

Massiver Akzeptanzverlust staatlichen Handelns

Am 04. Juni 2025 tagte der 6. Begleitausschuss zur Apfelstädt. Vorgestellt wurde der Bericht 2023/ 2024 zur modifizierten Speicherbewirtschaftung im Rahmen der dreiseitigen Vereinbarung zur Niedrigwasseraufhöhung der Apfelstädt. Wesentliche inhaltliche Fragen zum vorgestellten Bericht konnten nicht beantwortet werden, weil die Autoren des Berichtes teilweise nicht anwesend waren. Dies betraf beispielsweise mehrere geänderte Diagramme zum vorherigen Bericht 2022/23 sowie eine unterschiedliche Darstellung des Pegels Georgenthal 1 im Sondermessnetz Apfelstädt des Thüringer Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz im Vergleich zum Pegel der Hochwassernachrichtenzentrale (auch TLUBN).

Trotz klarer Ergebnisse zu den absehbaren Folgen für den Lebensraum der Apfelstädt, sehen die behördlichen Vertreter keinen Handlungsbedarf. Das Monitoring wird im wahrsten Sinn des Wortes bis zum Ende der Apfelstädt (Ende der Dreiseitigen Vereinbarung – Laufzeit bis 31.10.2027) fortgeführt. Eine Sonderabgabe aus den Talsperren ist für diesen Sommer ausdrücklich nicht vorgesehen. – Die Folgen können wir bereits jetzt vorhersehen.

Ein kurzer Blick zurück schärft manchmal die Sinne. Die Mitglieder der Bürgerinitiative „Lebensraum Apfelstädt“ rieben sich Anfang Februar 2025 die Augen als ihnen der neue Umweltminister Kummer verkündete, dass sich sowohl die Thüringer Fernwasserversorgung als auch das Thüringer Umweltministerium nachdrücklich für substanzielle Lösungen für die Apfelstädt einsetzen und die intensive Zusammenarbeit mit den Anliegerkommunen und der Bürgerinitiative ganz in diesem Sinne nutzen. Der 6. Begleitausschuss offenbarte, dass selbst zwischen dem Geschriebenen und dem Gewollten bereits unüberwindbare Täler zu liegen scheinen. An substanziellen Lösungen für das Ökosystem der Apfelstädt ist weder die Thüringer Fernwasserversorgung noch das Umweltministerium interessiert.

Burgen Blick - Jahresbericht 2023/2024 Sonderbewirtschaftung Apfelstädt

Wie ist es der Apfelstädt in der Zeit von November 2023 und Oktober 2024 ergangen? Etwas besser, denn das Jahr 2023 endete mit einer Hochwassersituation um Weihnachten – die 2 Talsperren Ohra und Schmalwasser waren über mehrere Wochen mit 100% und mehr gefüllt, das Jahr 2024 war von deutlich mehr Niederschlägen geprägt obwohl es eines der wärmsten Jahre überhaupt war und trotzdem fehlt der Apfelstädt das Wasser aus der Westringkaskade. Die Apfelstädt ist auch im Jahr 2024 über Wochen trockengefallen. Daran ändert auch nichts, dass in den Monaten August und September 2024 die Niedrigwasseraufhöhung der Apfelstädt, gemessen am Pegel Georgenthal, auf 600 l/s erhöht wurde, denn dieses „Zugeständnis“ wurde von den Regenfällen überlagert und schmälerte wohl nicht einmal die Wasserkraftnutzung, die in den Monaten Dezember 2024 bis Februar 2025 ohnehin über der erlaubten Entnahmemenge lag, dank der dreiseitigen Vereinbarung. Der Begünstigte war hier sicherlich nicht die Apfelstädt.

Dem Grundwasserkörper der Apfelstädt geht es nach wie vor nicht gut. War die Situation vor Inbetriebnahme der Westringkaskade allein von den jährlichen Niederschlägen oder auch deren Ausbleiben geprägt, hat sich diese Situation durch die Ableitung von 523 l/s über die Westringkaskade dauerhaft als Defizit im Grundwasserhaushalt manifestiert. Die Hydrogeologen fanden auch heraus, dass an der schon bekannten Versinkstelle am Truppenübungsplatz Ohrdruf ca. 600 l/s benötigt werden, um die Karststrukturen nicht „leerlaufen“ zu lassen. Seit den Vorbereitungen für die Inbetriebnahme der Westringkaskade und der damit verbundenen reduzierten Wasserabgabe in die Apfelstädt werden diese 600 l/s als Grundstock benötigt, damit die Apfelstädt überhaupt kontinuierlich Wasser führt, alles was für das Ökosystem noch notwendig ist, muss hinzugerechnet werden und damit wäre die ursprüngliche Forderung nach einem Mindestwasser in Höhe von 800 l/s ganz real.
Auch der Apfelstädt droht nach allen meteorologischen Wettermodellen ein sehr trockenes Jahr. Das zeichnet sich bereits jetzt schon ab. Die Mitglieder der Bürgerinitiative haben das Thüringer Landesverwaltungsamt, das Umweltministerium und den Landkreis Gotha nachdrücklich zum Handeln aufgefordert. Die rechtlichen Grundlagen für eine notwendige Mindestwasserabgabe zum Erhalt des Ökosystems sind auch bei vermeintlich alten Wasserrechten gegeben. Sowohl der Geschäftsführer der Thüringer Fernwasserversorgung als auch der ministerielle Vertreter haben sich auf nicht gesicherte Erkenntnisse und weiteren Untersuchungsbedarf zurückgezogen. Geändert wird nichts. Letzterer bemühte sogar eine imaginäre Geschäftsordnung, um die Forderung der Bürgerinitiative abzuwiegeln.

Und nun? Die Talsperre Schmalwasser ist nur noch zu ca. 64 Prozent gefüllt, während die Talsperre Tambach-Dietharz nahezu voll ist, weil der Vollstau den Ertrag aus der Wasserkraftnutzung erhöht. Der Talsperre Schmalwasser fließen derzeit nur noch 42 l/s, Stand 04. Juni 2025, zu, 46 l/s werden an das Schmalwasser abgegeben. Nahezu 500 l/s werden in die Talsperre Tambach-Dietharz übergeleitet für die Nutzung der Wasserkraft. Ca. 300 l/s wurden am 04. Juni 2025 in die Apfelstädt abgegeben – die am Truppenübungsplatz in den Untergrund versinken werden. Mit 500 l/s mehr hätte die Apfelstädt eine Chance gehabt. Von den substanziellen Lösungen für die Apfelstädt ist nicht geblieben – und es ist ganz offensichtlich, dass dies auch gar nicht gewollt ist. Weiter kann man von substanziellen Lösungen nicht entfernt sein und von der Realität auch nicht. Darum können wir in diesem Sommer nur auf regelmäßige Niederschläge hoffen, damit die Tiere und Pflanzen in einem geschützten FFH-Gebiet auch nur annähernd eine Chance haben.

Quelle

Foto aus dem Jahresbericht 2023/2024 Sonderbewirtschaftung Apfelstädt
Text von Rico Heinemann

Burgen-Blick

Erschienen in der Ausgabe: 28. Juni 2025