Abschied von einem großen Künstler und guten Freund
Als das Emmerlich-Konzert im Frühjahr 2023 für den 29. Oktober im Saal der Evangelischen Brüdergemeine in Neudietendorf vorbereitet wurde, bestand der regionale Kulturverein nicht mehr. Deshalb wurde ich von der Agentur Gunter Grebler, Dresden angesprochen, für diese Veranstaltung vor Ort die Organisation zu übernehmen. Das gelang zur Freude zahlreicher Musik- und Kulturfreunde, die den Weg in den spätbarocken Saal suchten, so dass selbst die Emporen gut besetzt waren (Burgen-Blick berichtete in 11.2023).
Gunther Emmerlich hatte als musikalischen Partner den Gitarristen Frank Fröhlich mitgebracht. Dieser bewies nicht nur als Begleiter seine Klasse, sondern ebenso als Solist. Das war für Emmerlich ein Markenzeichen, in kleinen wie in großen Besetzungen, stets erstklassige Musiker und Sänger dabei zu haben. So entstand auch an diesem Abend eine stimmungsvolle Atmosphäre im Wechsel der literarischen und musikalischen Beiträge. Emmerlich gehörte zu den Sängern, die auch als Sprecher professionell Texte vortragen können. Die künstlerischen Leistungen übertrugen sich so in wunderbarer Weise auf das Publikum. Daraus erhielt der Abend eine spürbare Spannung, welche auf die Akteure zurück wirkte. Diese fühlten sich davon regelrecht getragen, wie Gunther Emmerlich am nächsten Morgen seine Eindrücke zusammen fasste.
Emmerlich ist häufig in Kirchen aufgetreten, gehörte er doch seit seinen Kinder- und Jugendjahren zur evangelischen Gemeinde, der auch da deutlich seine Meinung sagte, wenn ihm etwas nicht gefiel. Im Saal der Brüdergemeine Neudietendorf trat er dreimal auf, beim 30. und 35. Bechstein-Konzert. Als Emmerlichs früherer Mitstudent des gemeinsamen Bauingenieurstudiums und des NVA-Reservedienstes in Nordhausen, konnte ich, Arndt Schumann, das vermitteln. Das war 1965/66 in Erfurt, bevor er in Weimar an der Musikhochschule die Ausbildung zum Opernsänger begann. War das ein Glücksfall für die Musikkultur, die Theater und das DDR-Fernsehen, in dem er bald mit seinen kritisch, klugen Bemerkungen auffiel.
Bereits damals zeichnete ihn die Geradlinigkeit, die Erdung seines Charakters aus, aber ebenso seine Vielseitigkeit als Künstler. Für das Publikum, die damaligen Bildungsbürger, war er als Sänger an der Semperoper Dresden geradezu ein Revoluzzer, als er begann, in anderen Musikgenres, wie mit der Semper-House-Band, Dixieland und Swing zu spielen und zu singen. Für die Moderationen im Fernsehen galt das ebenso, weil die klassischen Sänger das früher nur im eigenen Metier taten. Damit eroberte er sich ein großes Publikum in Deutschland, Europa und auch in Amerika, oft als Gesangspartner mit anderen, international bekannten Sängerinnen und Sängern. Im Unterschied zu manchen berühmten Kollegen beschränkte er sein Wirken niemals nur auf die großen Metropolen, sondern reiste jedes Jahr zu zahlreichen Konzerten in die „Provinz“, gern nach Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen.
Auch für das Frühjahr 2024 war das mit einem Drei-Personen-Stück über die Komponisten Bach und Händel geplant, wie Emmerlich berichtete. Dazu waren Thomas Thieme und Harald Schmidt gewonnen worden, für Aufführungen in den Wirkungsregionen der berühmten Musiker in Mitteldeutschland, auch Neudietendorf war dabei.
Nach seinem Berufsverständnis fühlte sich Emmerlich allein dem Publikum verpflichtet. Diesen Anspruch löste er mit Leidenschaft ein, bis zu seinem schnellen Abschied, wenige Tage vor Weihnachten 2023. Seine vielen treuen Anhänger und Freunde werden über alle gespeicherten Medien hinaus diese Erinnerungen in ihren Sinnen und Herzen behalten, als einen großen, begnadeten Sänger und Menschen, der stets Freude, Klugheit und Mut gespendet hat.
Quelle
Foto und Text von Arndt D. Schumann
Burgen-Blick
Erschienen in der Ausgabe: 27. Januar 2024