12. Neudietendorfer Oktoberfest
Pavel Tuma hat etwas miterleben müssen, was viele von uns nur aus Filmen oder Erzählungen kennen. Er musste mit ansehen, wie einer seiner besten Freunde der Sucht nach psychedelischen Drogen verfiel und ein Leben am Rande der Existenz führte, körperlich und mental gebeutelt und ständig auf der Suche nach dem nächsten Rausch. Als dieser letztendlich an den Folgen einer Überdosis starb, traf der tschechische Designer den Entschluss, der Welt die tragische Geschichte seines Freundes zu erzählen und damit besonders jungen Menschen, im Hinblick auf die oft verharmlosten Folgen von Drogenmissbrauch, die Augen zu öffnen.
Dies war die Geburtsstunde des „Revolution Train“ – einem 165 Meter langem Zug aus der ehemaligen Tschechoslowakei, welcher für geschätzt 2-3 Millionen Euro aufwendig nach Vorstellungen Tuma’s umgestaltet wurde – und welcher auf seiner aktuellen Deutschlandtour vom 30. September bis zum 7. Oktober halt auf dem Bahnhof in Neudietendorf machte. Das Konzept ist auf seine Weise so faszinierend wie einzigartig. In den acht silbernen Waggons befinden sich mehrere kleine Kinosäle, in welchen den Besuchern die Geschichte einer Gruppe von Jugendlichen in kurzen Filmsequenzen erzählt wird. Jeder dieser Jugendlichen geht auf verschiedene Weisen mit dem Thema um und trägt mit seinen Entscheidungen selbst zu seinem Schicksal bei.
In den eindrucksvoll und authentisch gestalteten Abteilen mit aufwendigen Installationen begegnen dem Besucher unter anderem verschiedene Exponate aus der Drogenszene, ein Autowrack, nachgebaute Gefängniszellen sowie eine Junkie-Unterkunft. All diese Faktoren schaffen eine Erfahrung, die unter die Haut geht – vor Allem da Menschen, auch in unserer Region, tagtäglich mit solcher Sucht zu kämpfen haben. Genau deshalb startete Pavel Tuma Anfang der 2000er Jahre das Projekt seines Anti-Drogen-Zuges, um vor Augen zu führen, zu was der exzessive Konsum von illegalen als auch legalen Suchtmitteln führen kann.
Die Hauptzielgruppe des Projektes sind vor Allem Schüler aus der Region rund um die jeweils aktuelle Station. Auch bei uns nahmen viele Schulklassen das Angebot mit großem Interesse an, aber auch privat konnten Familien und Besuchergruppen sich auf den bewegenden Trip durch den Zug begeben. Dabei verteilten die Mitarbeiter Fragebögen rund um die Thematik, welche während der rund 90-minütigen interaktiven Tour ausgefüllt wurden. Die anonymen Daten werden von der Projektleitung gesammelt, um maßgeschneiderte Konzepte der Drogenprävention für die jeweiligen Städte und Regionen zu entwerfen. Dank der großzügigen Unterstützung der DAK-Gesundheit und dem Verein „Suchtprävention Erfurt e.V.“, welche die Betriebskosten des Zuges übernahmen, war der Eintritt für alle Besucher kostenfrei!
Quelle
Bild und Text von Alexander Salmon
Burgen-Blick
Erschienen in der Ausgabe: 23. Oktober 2021